[E-waffen] Das Rosenhan-Experiment

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Di Sep 20 18:57:13 CEST 2022


 

DAS ROSENHAN-EXPERIMENT- NORMALE SPIELTEN VERRÜCKT

https://schutzschild-ev.de/das-rosenhan-experiment/ 

IM JAHRE 1973 veröffentlichte der amerikanische Psychologieprofessor
David L. Rosenhan in der Zeitschrift „Science" den Bericht über ein
außergewöhnliches Experiment, das weit über die Fachwelt hinaus Aufsehen
erregte und abendfüllenden Gesprächsstoff abgab. (Link zum Original
Artikel in Englisch [1]) Der französische Philosoph Michel Foucault
wünschte im gleichen Jahr dem Amerikaner einen „Nobelpreis für
wissenschaftlichen Humor".
Der Grund: 
Fünf Männer und drei Frauen verschafften sich dadurch den Status von
Psychiatriepatienten, daß sie den Ärzten erklärten, sie würden Stimmen
hören, die die Worte „leer", „hohl" und „dumpf" sagten. Es waren gesunde
Leute, die dieses Symptom lediglich beim Aufnahmegespräch vorspiegelten,
danach nicht mehr. 

Es handelte sich um einen Studenten der Psychologie in den 20ern, drei
Psychologen, ein Kinderarzt, ein Psychiater, ein Maler und eine
Hausfrau. Sie suchten insgesamt 12 psychiatrische Krankenhäuser auf,
forschungsorientierte ebenso wie alte, manche waren personell
unterbesetzt, andere hingegen waren gut ausgestattet. Die Schauspielerei
der Pseudopatienten beschränkte sich darauf, daß sie andere Namen
angaben, aus Furcht, daß sie eine psychiatrische Diagnose später
behindern könnte und daß einige den falschen Beruf angaben. Ansonsten
verhielten sie sich so normal, wie sie es gewohnt waren und wie es ihnen
möglich war. Die Pflegeberichte registrierten sie denn auch als
„freundlich" und „kooperativ". 

Trotzdem wurden sie nicht als Pseudopatienten entlarvt und es wurde auch
nicht die andere ebenso richtige Feststellung getroffen, daß man sich
die Symptome mit den vorhandenen Mitteln nicht erklären könne. Die
Mitglieder an diesem Experiment waren zwischen 7 und 52 Tagen
hospitalisiert, 19 Tage im Durchschnitt. Alle wurden entlassen mit der
Diagnose " abklingende Schizophrenie". Dies ist auch deswegen so
erstaunlich, weil während der ersten drei Aufenthalte 35 von 118
Patienten der Aufnahmestation den Verdacht äußerten, daß es sich um
keine echten Patienten handeln könne. Das Personal hingegen nie. Dies
hing sicher mit der Tatsache zusammen, daß die Pfleger relativ wenig
Zeit mit den Patienten zusammen verbrachten, die Ärzte sogar noch
weniger und daß es für einen Psychiater ein geringeres Risiko bedeutet
haben mag, einen Gesunden für krank zu halten, als umgekehrt einen
Kranken für gesund. 

Ärztliche Mitglieder eines Forschungs-und Lehrhospitals, das mit dieser
Möglichkeit des Irrtums konfrontiert wurde, behaupteten, daß dies bei
ihnen nicht vorkommen könne. Anlaß genug für Rosenhan, die Gegenprobe zu
machen. Er kündigte an, innerhalb der nächsten drei Monate kämen ein
oder mehrere Pseudopatienten, um in diesem Hospital das gleiche Spiel zu
spielen. Tatsächlich kam aber keiner aus Rosenhans Gruppe. Das Ergebnis:
41 von 193 Patienten sollten nach Ansicht von mindestens einem Mitglied
des Pflegepersonals trotzdem Pseudopatienten gewesen sein. 23 Patienten
wurden als Pseudopatienten „entlarvt" von mindestens einem Psychiater,
immerhin noch 19 von einem Psychiater sowie einem anderen Mitglied des
Personals. 

Was Rosenhan, der an dem Experiment selbst teilnahm, besonders auffiel:
Einmal als „abnormal" abgestempelt, färbt dieses Merkmal die Wahrnehmung
von der betreffenden Person völlig ein und man übersieht die normalen
Anteile oder interpretiert sie falsch. Die Lebensgeschichte wurde so
umgedeutet, daß sie mit der gängigen Schizophrenietheorie
übereinstimmte. Das Personal schien von der Annahme auszugehen, daß die
Menschen, weil sie im Krankenhaus aufgenommen worden waren, geistig
gestört sein mußten. Und da sie für sie geistig gestört waren, waren
auch ganz normale Tätigkeiten, wie etwa das Anfertigen von Notizen für
das Personal Ausdruck dieser Störung. Nie hatte das Personal erkennbar
die Idee, daß irgendwelche Verhaltensweisen, die es beobachtete, etwas
mit dem Krankenhaus oder den Interaktionen zu tun haben könnte. 

An sich selber stellten die „Gesunden" bereits nach kurzer Zeit
sogenannte „Depersonalisationserlebnisse" fest. Einer hatte sogar das
Gefühl, unsichtbar zu sein. 71 % der Psychiater und 88 % der Schwestern
und Pfleger sind bei ganz normalen Fragen von Patienten einfach
weitergelaufen ohne den Fragesteller zu beachten. Dies ist ein
Verhalten, das in normalen Interaktionen, auch wenn die Menschen wenig
Zeit haben, so nicht vorkommt, wie Rosenhan glaubhaft belegen konnte. Es
konnte beobachtet werden, wie Pfleger Patienten verbal oder physisch
mißhandelten, solange sie sich nicht vom übrigen Personal beobachtet
fühlten. Waren lediglich „Patienten" die Zeugen, so hinderte sie das
offenbar nicht daran, rüde mit ihnen umzuspringen. Patienten sind nicht
glaubwürdig. 

Die „Patienten" hatten die Situation insoweit unter Kontrolle, als sie
ja selbst es waren, die sich in diese Lage brachten. Was wäre aber
gewesen, wenn die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus von
anderen inszeniert worden wäre, ohne daß die angeblichen Patienten an
diesem Betrug freiwillig mitgewirkt hätten? Wenn ganz normales Schreiben
im Kontext eines psychiatrischen Krankenhauses zu einem „Gehabe des
Schreibens" wird, so fragte Foucault im Nouvel Observateur, was würde es
dann erst bedeuten, da drin jemandem einen Schlag in die „Fresse" zu
verpassen? 

Einmal als „abnormal" abgestempelt, werden die „normalen" Anteile einer
Person nicht mehr gesehen!  

Dieser Artikel ist dem Original auf dieser Webseite entliehen: 

https://www.psychiatrie-erfahren.de/rosenhan.htm 

  

Links:
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[1] https://www.psychiatrie-erfahren.de/Rosenhan1975.pdf
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